40 Jahre Freundschaftsverein mit Jinotega Bericht aus dem Solinger Tageblatt vom 30.06.2025

„Wir schauen, wie und wo wir unterstützen können“

Was 40 Jahre Freundschaft mit Jinotega ausmacht

Engagieren sich für die Städtefreundschaft mit Jinotega (v. l.): Hans Wietert-Wehkamp, Eva Malanda und Uschi Peters-Horlitz.

Engagieren sich für die Städtefreundschaft mit Jinotega (v. l.): Hans Wietert-Wehkamp, Eva Malanda und Uschi Peters-Horlitz.

Solinger Förderverein lässt sich unbeachtet der schwierigen Bedingungen in der Stadt im Norden Nicaraguas nicht stoppen. Welche Hürden es gibt und wo Unterstützung überhaupt noch möglich ist.

von Jutta Schreiber-Lenz

Solingen. Ein Verein für Freundschaft feiert Geburtstag: Seit 1985 engagieren sich Menschen aus Solingen und aus Jinotega für eine Partnerschaft, die trotz politischer Umbrüche bis heute besteht. Was als offizielle Städtefreundschaft begann, lebt heute auf zivilgesellschaftlicher Ebene weiter.

„Der Umsturz der Regierung hat eine Arbeit direkt im Land fast unmöglich gemacht.“
Hans Wietert-Wehkamp Förderverein Freundschaft mit Jinotega

Der Förderverein Freundschaft mit Jinotega und die Stadt Solingen wollen trotz aller Herausforderungen, die seit 1985 bestehenden freundschaftlichen Kontakte zu Menschen in Jinotega weiterführen und den internationalen Austausch über Bildung und Nachhaltigkeit fördern. Das machten sie bei einem Pressegespräch deutlich. So auch den Dialog zu den Folgen des Klimawandels, zu Umweltbildung, zu Chancen des fairen Handels und zur Friedensförderung, wenn auch unter anderen Vorzeichen. „Der Umsturz der Regierung hat eine Arbeit direkt im Land fast unmöglich gemacht“, sagt Hans Wietert-Wehkamp, langjähriges Vorstandsmitglied des Vereins.

Bildungszentrum sorgte für bessere Startchancen

Viele Jahrzehnte unterstützte der Verein unter anderem die Arbeit des Bildungsvereins La Cuculmeca in der Stadt im Norden Nicaraguas.

32 Jahre sorgte das Bildungszentrum für einen gerechten Zugang der Menschen zu Bildung und setzte sich auch für eine nachhaltige Landwirtschaft unter Einbeziehung der Landbevölkerung im Departement Jinotega ein. Es trug viele Jahre dazu bei, dass junge Menschen auf dem Land einen Schulabschluss erwerben konnten.

Die Förderung energieeffizienter Technologien wie Öko-Öfen, Kleinbiogasanlagen oder Solaranlagen und der Wasserversorgung führte dazu, die Lebensbedingungen vieler Menschen zu verbessern und gleichzeitig berufliche Qualifizierung zu ermöglichen. Am 17. Juni 2022 wurde das Bildungszentrum durch die Regierung geschlossen, alle 34 Beschäftigten entlassen und das Gelände einem staatlichen Bildungsträger übertragen.

Engagement wurde auf null gesetzt

Damit endete offiziell ein vielfältiges Wirken mit und für Kinder, Jugendliche und Erwachsene, besonders auch für Frauen. Zum gleichen Zeitpunkt verloren auch weitere 96 Nichtregierungsorganisationen ihren Rechtsstatus als gemeinnützige Organisationen und das zivilgesellschaftliche Engagement wurde quasi auf null gestellt.

Umso bemerkenswerter, dass sich im Solinger Jinotega-Verein bei aller Bestürzung über die Ereignisse keine Resignation breit gemacht hat. „Wir schauen seitdem, wie und wo wir unterstützen können“, sagt Uschi Peters-Horlitz. Zum Beispiel, indem sie sich in den Nachbarländern engagierten und so durch ein „Spiel über Bande“ die Hoffnung auf eine Demokratisierung in Jinotega befeuern könnten.

Klimakrise spielt überall eine Rolle

Die Flüchtlingshilfe ist ein Beispiel: Sie bedeutet die Existenzsicherung für geflüchtete Menschen aus Nicaragua. Oder die Stärkung der Resilienz der nicaraguanischen Zivilgesellschaft in Costa Rica und Nicaragua sowie der Aufbau von internationalen Partnerschaften mit San Lorenzo (Honduras) und Upala (Costa Rica). Die Organisation Asociación Azomalli in Costa Rica gilt als Nachfolgeorganisation des in Nicaragua inzwischen verbotenen Bildungsvereins La Cuculmeca und kann auf Solingen zählen.

Unmittelbar in all das spielt die Klimakrise mit hinein. „Deshalb, weil Mittelamerika durch seine geografische Lage längst die wirtschaftlichen Folgen spürt. Dürre und Überflutungen vernichten Ernten, und zwingen noch viel unmittelbarer als bei uns dazu, gegenzusteuern”, sagt Wietert-Wehkamp.

„Zusammenarbeit“ heiße das Gebot der Stunde. Das Klima sei ein Thema über Ländergrenzen hinaus. Nur wenn im Schulterschluss Strategien entwickelt würden, gebe es eine Chance, die Klimakrise zu bewältigen, sagt Eva Malanda , die 2004 als Schülerin mit in Jinotega war und dort Kontakte geknüpft hat, die bis heute bestehen.

Inzwischen unterstützt sie beispielsweise als Teil des aktiven Vorstands die „Junge Expertise in Aktion für das Klima“: ein Zusammenschluss junger Menschen aus Europa und Mittelamerika, die die Themen Klima und Demokratisierung zusammendenken.

Dafür setzt der Verein unter anderem auf Workshops, Filme, Kultur- und Infoveranstaltungen in Solingen und zeigt Präsenz bei Festen wie „Leben braucht Vielfalt“. Das Virtual-Reality-Projekt „Cards on the Table“ machte die Lebensrealität junger Menschen in Lateinamerika zu einem 360-Grad-VR-Erlebnis. „Es ist etwas ganz anderes, ob man normale Bilder sieht, etwas liest oder plötzlich durch digitale Möglichkeiten mittendrin ist“, sagt Peters-Horlitz.

Wann Geburtstag gefeiert wird

Am kommenden Freitag wird im Zentrum Frieden der 40-jährige Geburtstag des Vereins gefeiert – mit einer Mischung aus Reden, Diskussion und Geselligkeit.

Freitag, 4. Juli 2025, ab 18 Uhr, Zentrum Frieden, Wupperstraße 120, 42651 Solingen

ST